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Grenzüberschreitende Inanspruchnahme medizinischer Dienstleistungen



A. Problemdarstellung
In den Grenzregionen ist oft die Versorgung mit Gesundheitsleistungen schwierig.


B. Grenzüberschreitende Inanspruchnahme der ärztlichen Dienstleistungen
1. EU-Rechtsrahmen
Primärrecht und darauf basierende Rechtsprechung des EuGH (dargestellt bei Fröhlich et al., 2011, S. 20 ff.)
Patientenmobilitätsrichtlinie (RL 2011/24/EU) und Koordinationsverordnung (VO 883/2004/EG)

a. Anspruch aus Art. 56 AEUV
Anspruch gegenüber dem zuständigen Träger auf genehmigungsfreie grenzüberschreitende ambulante Leistungsbeanspruchung und auf Kostenerstattung nach den Vorschriften über die Leistungsverpflichtungen des zuständigen Trägers.

2. Nationaler Rechtsrahmen

a. Deutschland
"Zur Umsetzung der Richtlinie waren im deutschen System keine grundsätzlichen Rechtsänderungen notwendig. Denn die Richtlinie orientiert sich eng an der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, und diese wurde bereits 2004 in deutsches Recht umgesetzt. Da dies jedoch bei weitem nicht in allen Mitgliedstaaten der Fall war, profitiert das deutsche Gesundheitswesen davon, dass nun endlich Versicherte aller Mitgliedstaaten die gleichen Rechte haben und in der EU Gesundheitsdienstleistungen grenzüberschreitend in Anspruch nehmen können. Es ist damit zu rechnen, dass unser Gesundheitssystem vermehrt Versicherte aus dem EU-Ausland als Kunden gewinnen kann"(BMG, Nr. 2)
Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII)
Leistungen der Krankenversicherung (SGB V), hier insb.
Leistungen der Pflegeversicherung (SGB XI)
Literatur:
Jakob/Neuweiler/Wetter in: Odendahl/Tschudi/Faller (Hrsg.), Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen, 2010, S. 155-224

b. Polen
Ustawa z dnia 27 sierpnia 2004 r. o świadczeniach opieki zdrowotnej finansowanych ze środków publicznych:
  • Art. 42a ff. - Umsetzung der Patientenrichtlinie - Behandlung in Polen versicherter Patienten in Ausland erfolgt über Kostenerstattung, nach den Koordinationsvorschriften oder nach der Einzelfallentscheidung
  • Art. 132 ff. - Verträge mit Dienstleistungserbringern (Begriff des Dienstleistungserbringers - Art. 5 Nr. 41)
  • Art. 19 Abrechnung im Falle der Leistungserteilung durch den Leistungserbringer, der den Vertrag mit dem Fonds (NFZ) nicht abgeschlossen hat (höhere Gewalt bzw. der Leistungserbringer ist nicht imstande, die Leistungen zu erbringen)


3. Völkerrecht
Polen und Deutschland haben 1975 und 1990 Abkommen abgeschlossen.
Das Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst der Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975 (BGBl. 1976 II S. 393; Dz.U. z 1976r. nr 16, poz. 101) bezieht sich auf Renten- und Unfallsversicherung.
Dagegen das Abkommen von 1990 betrifft im Allgemeinen die Soziale Sicherheit (BGBl. 1991 II S. 743 und DzU z 1991r. nr 108, poz. 468). Dies erfasst auch die Sach- und Geldleistungen wegen Krankheit

a. Sachleistungen im Anwendungsbereich des SozSichAbk POL
Die Sachleistungen aus der Krankenversicherung wurden in Art. 6-9 SozSichAbk POL geregelt. Sie gelten für entsandte Arbeitnehmer, Grenzgänger und teilweise auch für ihre Familien. Die Geldleistungen werden von Art. 10 SozSichAbk POL
b. Anwendbarkeit beider Abkommen und des EU-Koordinationsrechts
Im Rahmen ihres Geltungsbereichs tritt die VO 883/2004 an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abkommen über soziale Sicherheit. Einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten vor dem Beginn der Anwendung dieser Verordnung geschlossen wurden, gelten jedoch fort, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist (Art. 8 Abs. 1 S. 1-2 VO 883/2004).
Nach Anhang II haben beide deutsch-polnische Abkommen geringe Bedeutung. Abkommen vom 9. Oktober 1975 über Renten- und Unfallversicherung gilt unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 festgelegten Bedingungen (dh. in Bezug auf die Beibehaltung des Rechtsstatus auf der Grundlage des Abkommens von 1975 der Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet Deutschlands oder Polens genommen hatten und weiterhin dort ansässig sind). Artikel 27 Absatz 5 und Artikel 28 Absatz 2 des Abkommens über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 gelten hingegen hinsichtlich der Beibehaltung der Berechtigung zu einer Rente, die gemäß dem zwischen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und Polen 1957 geschlossenen Abkommen ausbezahlt wird; Anrechnung von Versicherungszeiten, die von polnischen Arbeitnehmern im Rahmen des 1988 zwischen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und Polen geschlossenen Abkommens zurückgelegt wurden.
Zur Anwendbarkei des SozSichAbk POL und der damaligen VO 1408/71 sh. Urteil des EuGH vom 16.5.2013, Rs. C‑589/10 (Janina Wencel gegen Zakład Ubezpieczeń Społecznych w Białymstoku), ECLI:EU:C:2013:303); Literatur: Deutsche Rentenversicherung


4. Fazit
(...)

C. Daraus folgende Möglichkeiten
Aus dem oben geschilderten Rahmen folgen unterschiedliche Möglichkeiten im grenzüberschreitenden Gesundheitswesen. Es werden nur die Sachleistungen erörtert.
1. In einem Land versicherte und wohnende Personen
Für den Patienten, die ambulante Gesundheitsleistungen in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen, ergibt sich der Anspruch auf die Rückerstattung der daraus resultierenden Kosten (Decker (C-120/95), Kohll (C-158/96); Art. RL 2011/24/EU i.V.m. entsprechenden nationalen Regelungen).
Für stationäre Behandlungen ist das Erfordernis der vorherigen Genehmigung grundsätzlich zu rechtfertigen (Smits und Peerbooms - C-157/99). Voraussetzung ist, dass die Genehmigung anhand von objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien erteilt wird, damit die nationale Behörde nicht vollständig freies Ermessen hatte.
Bei den nicht geplanten Behandlungsbedarfen (vor allem Unfällen beim vorübergehenden Aufenthalt im Ausland) haben Personen, die in ihrem Heimatstaat wohnen und versichert sind, Anspruch auf die Leistungen, die sich während des Aufenthalts im Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates als medizinisch notwendig erweisen (Herault2014, S. 151 und 173). Ale Bescheinigung der Versicherung gilt die Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC). Die Kosten dieser Behandlung werden von der Heimatkrankenversicherung in dem Umfang gedeckt, wie es zum Unfall in der Heimat gekommen wäre. Für die Überkosten muss der Patient selbst aufkommen. Die EHIC wurde durch VO (EG) 631/2004 und die Beschlüsse 189, 190 und 191 der Verwaltungskommission vom 18. Juni 2003 eingeführt.

2. Grenzgänger, entsandte Arbeitnehmer und ihre Familienangehörige
Für die Grenzpendeler ist charakteristisch, dass sie in einem Staat wohnen und in dem anderen erwerbstätig sind (selbständig oder unselbständig) (Art. 1 lt. f) VO 883/2004). Nach der Koordinationsverordnung 883/2004 unterliegen sie - in Bezug auf die Krankenversicherung - dem Recht des Staates, in dem sie ihre Arbeit oder selbständige Tätigkeit ausüben (Art. 11 Abs. 3 lit. a) VO 883/2004).
Gem. Art. 17 erhalten die Grenzgänger und ihre unterhaltsberechtigten Angehörigen in dem Wohnsitzstaat Sachleistungen, als ob sie nach diesen Rechtsvorschriften versichert wären. Die Sachleistungen werden vom Träger des Wohnorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des zuständigen Trägers erbracht.
Art. 18 regelt dagegen den Fall, wenn sich Grenzgänger oder seine Familienmitglieder, die weiterhin in einem anderen als dem Staat des „zuständigen Trägers“ wohnen, im Staat des „zuständigen Trägers“ aufhalten. Daraus folgt, dass sowohl der versicherte Grenzgänger wie auch seine Familienmitglieder während des Aufenthalts in dem zuständigen Mitgliedstaat Anspruch auf Sachleistungen haben, als ob sie in diesem Mitgliedstaat wohnen würden (Art. 18 Abs. 1 und 2). Im Art. 18 wird allen, die sich in der Regel regelmäßig im Staat des zuständigen Trägers aufhalten ein Wahlrecht gewährt, Leistungen nicht nur an ihrem Wohnort, sondern auch an ihrem Beschäftigungsort im zuständigen Staat in Anspruch zu nehmen, wenn sie sich dort aufhalten." (Fuchs, Europäisches Sozialrecht, VO (EG) Nr. 883/2004 Art. 18 Rn. 1, beck-online).
Grenzgänger und entsandte Arbeitnehmer können sich daher zur stationären oder ambulanten Behandlung von ihrem Wohnsitzstaat in den Arbeitsverrichtungsstaat (=Versicherungsstaat) begeben. Kommt es dagegen zum Unfall oder ist aus anderem Grund eine akute Behandlung in dem Wohnsitzstaat notwendig, dann muss der Patient sich wieder auf seinen Versichertenstatus in dem Arbeitsverrichtungsstaat berufen und mit der EHIC-Karte oder mit dem Formular S1 (früher E 106) ausweisen.
Die unterhaltsberechtigten Angehörigen des Grenzgängers dürfen mit dem Formular S1 (früher E 106) Krankenversicherungsleistungen in dem Wohnsitzland in Anspruch nehmen. Gem. Art. 18 dürfen sie auch uU. die Sachleistungen in zuständigen Staat beanspruchen.

3. Aufenthalt in einem anderen Staat als Wohnsitzstaat und der zuständige Staat
Im Falle des (vorübergehenden) Aufenthalts gelten Art. 19 oder Art. 20 VO 883/2004. Art. 19 betrifft den Fall, dass der vorübergehende Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat zu Zwecken, die nichts mit einer Behandlung zu tun haben, erfolgt (Tourist, Geschäftsreisender etc.). Der versicherte und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen werden dort medizinisch behandelt, als ob sie nach Rechtsvorschriften des Behandlungsstaates versichert wären.

4. Reisen zur Inanspruchnahme von Sachleistungen
Art. 20 VO 883/2004 betrifft den Fall, dass der vorübergehende Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat gerade zum Zweck der Behandlung erfolgt. Hierfür ist eine entsprechende Genehmigung des zuständigen Trägers erforderlich. Im Anwendungsbereich

5. Sonstige Modelle
Andere Modelle: Jakob/Neuweiler/Wetter in: Odendahl/Tschudi/Faller (Hrsg.), Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen, 2010, S. 162. In der deutsch-polnischen Grenzregion sind folgende Lösungen vorstellbar: Kompetenzzentren für bestimmte Leistungen und andere


D. Sonstige Rechtsfragen
Haftung, Datenschutz, Personenstandsrecht (Geburtsurkunden und Sterbeurkunden)


E. Fazit


F. Träger einer grenzüberschreitenden Gesundheitseinrichtung

1. EVTZ


2. GmbH



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