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Grenzüberschreitende Kooperation im Gesundheitswesen

Untersuchung mit Fokus auf den deutsch-polnischen Grenzraum

A. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation an der deutsch-polnischen Grenze
Eine umfangreiche Darstellung für die Ostbrandenburg und Lubuskie wurde von Margitte Müller in ihrer Dissertation von 2006 ("Der Gesundheitssektor der Grenzregion Ostbrandenburg-Lubuskie. Strukturen und Optionen in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung") veröffentlicht.


B. Grenzüberschreitende Kooperation deutscher und polnischer Versicherungsträger
Diese findet vor allem bei der Abrechnung von grenzüberschreitenden Fällen statt. Der Anreiz für die direkte Kontaktaufnahme resultiert aus Art. 17 ff. VO 883/2004. In den dort geregelten Fällen rechnen die Versicherungsträger die Kosten der Auslandsbehandlung direkt miteinander ab.


C. Grenzüberschreitende Kooperation deutscher Versicherungsträger mit ausländischen Leistungserbringern
Aus der Sicht des Patienten ist eine direkte Kooperation zwischen den Leistungserbringern und den Versicherungsträgern am günstigsten, da auf die Art und Weise das langwierige Verfahren der Kostenabrechnung erspart wird. Ferner müssen die Versicherten nicht in Vorleistung treten (Becker/Kingreen, SGB V, SGB V § 140e Rn. 2, beck-online; Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, SGB V § 140e Rn. 5-11, beck-online). Auch für die Krankenkassen ist die Lösung vorteilhaft; § 140e SGB V versetzt die Krankenkassen in die Lage, das Versorgungsangebot im EG- bzw. EWR-Ausland nach den maßgeblichen Versorgungskriterien selbst zu gestalten und für die Versicherten vorzuhalten (BT-Drs. 15/1525, S. 132). Weitere Vorteile für die Krankenkassen siehe bei: Becker/Kingreen, SGB V, SGB V § 140e Rn. 4 und Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, SGB V § 140e Rn. 11, beck-online; Spickhoff/Fischinger SGB V § 140e Rn. 3, beck-online.

1. Kooperation zwischen den Krankenkassen und ausländischen Leistungserbingern
Die Kooperation zwischen den deutschen Krankenkassen und ausländischen Leistungserbingern aufgrund eines direkten Vertrages ist ohne weiteres möglich. Die Rechtsgrundlage für die Begründung einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung zwischen dem Träger der Krankenversicherung und einer ausländischen Gesundheitseinrichtung stellt § 140e SGB V dar. Diese Vorschrift wurde als Folge der Kohll/Decker-Rspr. des EuGH eingeführt (BeckOK SozR/Harich SGB V § 140e Rn. 1-2, beck-online). Sie ist eine Grundlage für das "internationalisierte Sachleistungsprinzip" (auch das "auf Vertrag gegründete Sachleistungsprinzip"), das in SGB V in § 2 Abs. 2 seine Verankerung findet (Becker/Kingreen, SGB V, SGB V § 140e Rn. 1-5, beck-online).
Folglich sind die Voraussetzungen für den Abschluss eines wirksamen Vertrages zu prüfen.

a. Ambulante und stationäre Behandlung?
§ 140e SGB V unterscheidet zwischen der ambulanten und stationären Behandlung nicht. Würde sich die vertragliche Zuständigkeit von Krankenkassen nur auf ambulante Behandlungen beschränken, müssten die Krankenkassen für jede Krankenhausbehandlung (vollstationär, stationsäquivalent, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant - § 39 SGB V) eine vorherige Genehmigung erteilen. Zwar steht dem Patienten ein Anspruch auf die vorherige Zustimmung in der Regel zu (vgl. § 13 Abs. 5 S. 2 SGB V). Dies würde aber einen zusätzlichen Aufwand für den Patienten bedeuten und der Vorteil aus dem direkten Vertrag wäre nicht ersichtlich.
Auf der anderen Seite könnten aber die Vorschriften über die Zulassung von Krankenhäusern umgangen werden (§ 108 SGB V). Ein ausländisches Krankenhaus hätte dieselbe Stellung wie ein inländisches ohne entsprechendem Prüfungsverfahren unterzogen zu werden. Andere Lösung würde aber dem Annerkennungsprinzip widersprechen. Aus dem Verweis auf § 13 Abs. 4 SGB V folgt, dass der Vertragspartner im Ausland bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, die durch deutsche Krankenkassen anzuerkennen sind. Die ausländischen Leistungserbringer haben daher Voraussetzungen zu erfüllen, die an ihrem Sitz gelten, und damit zur Versorgung der Versicherten im Sitzstaat berechtigt werden. Erst dann können sie den inländischen Krankenhäusern gleichgestellt werden.
Eine Missbrauchsgefahr besteht auch nicht. Vertraglich kann gesichert werden, dass keine Behandlungen erfolgen, soweit die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann. Die Leistungen, die vom ausländischen Leistungserbringer geleistet werden, müssen auch im Katalog der Krankenkassen enthalten werden. Die Finanzierung von Leistungen, die nach deutschem Recht nicht zu dem Leistungskatalog gehören, ist damit nicht möglich.
Somit erfasst § 140e SGB V sowohl ambulante als auch Krankenhausbehandlungen, soweit der Patient einen Anspruch auf diese nach deutschem Recht hat.

b. Voraussetzungen an die Leistungserbringer
§ 140e SGB V erlaubt die Kooperation nur mit den Leistungserbringern im Sinne von § 13 Abs. 4 S. 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift sind dies solche:
  1. bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder
  2. die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind.

(a) Beruf erfasst von einer RL
Berufe, bei denen der Zugang und die Ausübung des Berufs in Richtlinien geregelt sind, wurden u.a. bei Noftz (H/N, § 13 Rn. 74) aufgezählt. Eine Liste kann auch dem Anhang V zur Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 gefunden werden.

(b) Vertrags-Einrichtungen
Dazu mehr im BSG, Urt. v. 13.7.2004 – B 1 KR 33/02 R, mwN aus der Rechtsprechung des EuGH.
Vertragspartner der Krankenkassen dürfen auch diejenigen Einrichtungen sein, die in ihrem Heimatsaat zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Die Zulassung dieser Gruppe von Leistungserbringern stellt die Ausprägung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung dar (Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, SGB V § 140e Rn. 21-22, beck-online).

c. Auswahl des Leistungserbringers
Hier ist insb. § 69 SGB V zu beachten
Nicht entschieden ist, ob bei der Wahl des ausländischen Vertragspartners vergaberechtliche Bestimmungen eingreifen (Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 4, beck-online; auch Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 9, beck-online).


d. Vertragspartner aus Deutschland
Vertragspartner aus Deutschland dürfen nur die Krankenkassen sein. Die Berufsgenossenschaften sind vom Anwendungsbereich von § 140e SGB V und § 13 Abs. 4-5 SGBV ausgeschlossen.
Der Begriff der Krankenkassen wurde in § 4 SGB V erläutert.
Nich berechtigt sind die kassenärztlichen Verbünde sowie Berufsgenossenschaften. Im ersten Fall kommt zum Ausdruck, dass es sich um einen Ausnahmefall (Einzelverträge) handelt. Weitere korporatistische Akteure scheiden ebenfalls aus. Damit erfolgt keine Einbeziehung in das kollektivvertragliche Gesamtvergütungssystem (§ 85 SGB V). Beim § 140e SGB V handelt es sich nur um Einzelverträge ohne Beteiligung der korporatistischen Akteure (KV und ähnliche) (Becker/Kingreen, SGB V, SGB V § 140e Rn. 3, beck-online).
Die Gruppenverträge zwischen mehreren Krankenkassen und einem oder mehreren Leistungserbringern sind dagegen zulässig (Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 4, beck-online; Spickhoff/Fischinger SGB V § 140e Rn. 4, beck-online)
Der Abschluss des Vertrages steht im Ermessen der Krankenkasse (Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, § 140 e Rn 9; Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, SGB V § 140e Rn. 5-11, beck-online; Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 6, beck-online; Spickhoff/Fischinger SGB V § 140e Rn. 4, beck-online). Das Ermessen soll im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes ausgeübt werden (§§ 2 Abs. 1, 12, 70 Abs. 1 S. 2 SGB V). Diese sind als Richtlinien für die Entscheidung über den Vertragsabschluss zu verstehen.

e. Inhalt des Vertrages
Der Vertrag soll mindestens die Versorgungsleistungen und die dafür seitens der Krankenkasse geschuldete Vergütung, die von der Krankenkasse direkt gezahlt wird, erfassen (Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 8, beck-online; Spickhoff/Fischinger SGB V § 140e Rn. 4, beck-online). Die vereinbarte Vergütung darf nicht die im Rahmen der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4-5 erforderlichen Kosten übersteigen (Schuler in Hänlein/Kruse/Schuler, SGB V, § 140e Rn 8; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, SGB V § 140e Rn. 30, beck-online). Maximalvergütung bestimmt daher der Preiskatalog der jeweiligen Krankenkasse.
Der Vertrag darf sich ferner nur auf die Leistungen beziehen, auf die der Versicherte im Inland Anspruch hat (BT-Drs. 15/1525, S. 132; Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 7, beck-online). Der Umfang dieser Leistungen wurde in §§ 11–66 SGB V vorgesehen. Die Leistungen müssen nach den für inländische Versorgungsanbieter geltenden Rechtsvorschriften erbracht werden (Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, SGB V § 140e Rn. 10, beck-online). Damit kommt es zur Durchbrechung des Territorialitätsprinzips.
Der Inhalt des Vertrages entspricht daher den Einzelverträgen der integrierten Versorgung nach § 140 b Abs. 3 SGB V (Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 7, beck-online; Spickhoff/Fischinger SGB V § 140e Rn. 5, beck-online)

f. Konkurrenz mit anderen Regelungen
Der Versicherte muss nicht unbedingt ausschließlich diejenigen Leistungserbringer in Anspruch nehmen, mit denen seine Krankenkasse einen Vertrag nach § 140e abgeschlossen hat (Becker/Kingreen, SGB V, SGB V § 140e Rn. 2, beck-online; Wenner in: Eichenhofer/Wenner, § 140 e Rn 6; Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, SGB V § 140e Rn. 4, beck-online).
Unberührt bleiben die Vorschriften des Koordinierungsrechts zur Sachleistungsaushilfe (VO 883/2004 und DVO) sowie die zur Umsetzung der Patientenrichtlinie erlassenen Regelungen von § 13 Abs. 4-5 SGB V zum Kostenerstattungsprinzip.

g. Charakter des Vertrages
Verträge nach § 140e SGB V sind öffentlich-rechtliche Verträge gemäß § 53 SGB X, die zugleich dem Internationalen Verwaltungsrecht zuzurechnen sind. Sie dürfen durch deutsche Sozialgerichte überprüft werden (Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, SGB V § 140e Rn. 8, beck-online; Becker/Kingreen, SGB V, SGB V § 140e Rn. 5, beck-online; JurisPK-OK/Adolf § 140e Rn. 21; Spickhoff/Fischinger SGB V § 140e Rn. 6, beck-online; aA Spickhoff/Fischinger § 140e Rn. 6). Über das anzuwendende Recht entscheidet das Internationale Verwaltungsrecht (Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 5, beck-online)

h. Rechtsfolgen
Nach der Rechtsprechung des BSG besteht im Inland bei stationären Behandlungen kein freies Wahlrecht des Patienten hinsichtlich der Einrichtung. Damit darf die Krankenkasse auch auf kostengünstigere Alternativen im Ausland verweisen (LSG Rh.-Pf., 10.4.2012, L 5 KR 49/12 B ER; Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, SGB V § 140e Rn. 10, beck-online). Dies erfasst auch dazugehöriges untergesetzliches Rechts (Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, SGB V § 140e Rn. 1, beck-online).
Aber auch umgekehrt ist es möglich (Spickhoff/Fischinger SGB V § 140e Rn. 1-6, beck-online)
Versicherter hat ein Wahlrecht, ob er bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Leistungen nach § 13 Abs. 4–6, nach dem gemeinschaftsrechtlichen Koordinierungsrecht oder nach § 140 e in Anspruch nimmt. (Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 1, beck-online).
Die Versicherten müssen über die abgeschlossenen Verträge informiert werden (Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, SGB V § 140e Rn. 6, beck-online).
Auf Grund eines solchen Vertragsabschlusses kann der Versicherte der betreffenden Krankenkasse diese Leistungserbringer unter Vorlage seiner KV-Karte in Anspruch nehmen. Da die Vorschr des Dritten Kap gelten, muss in den Verträgen die Einhaltung der dort geregelten Zuzahlungspflichten gewährleistet werden. (KassKomm/Hess SGB V § 140e Rn. 3, beck-online).

2. Kooperation zwischen den Berufsgenossenschaften und ausländischen Leistungserbingern
Für die Berufsgenossenschaften fehlt eine dem § 140e SGB V vergleichbare Beziehung in SGB VII. Damit bestehen keine Rechtsgrundlagen für die Kooperation mit ausländischen Leistungserbringern. Projekte wie RehaInt der DGUV werden durch ausgegliederte Gesellschaften verwirklicht.


D. Grenzüberschreitende Kooperation polnischer Versicherungsträger mit deutschen Leistungserbringern
In polnischem Recht fehlt eine dem § 140e SGB V vergleichbare Vorschrift. Eine direkte Kooperationsgrundlage besteht daher nicht.
Kooperation Art. 132 des polnischen Gesetzes über Leistungen des Gesundheitsschutzes erfolgen. Problem ist aber, das der polnische NFZ die Vorschriften dahingehend auslegt, dass nur Leistungserbringer mit Sitz in Polen als taugliche Vertragspartner in Betracht kommen. Art. 132 des polnischen Gesetzes über die Gesundheitsleistungen unterscheidet nicht zwischen den in- und ausländischen Leistungserbringern. Jedoch gem. dem Begriff des Leistungserbringers in Art. 5 Nr. 41 des Gesetzes über die Gesundheitsleistungen in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über medizinische Dienstleistungen und Art. 85 des Gesetzes über die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung kann der ausländische Leistungserbringer nur dann als geeigneter Leistungserbringer in Polen angesehen werden, wenn sie eine eine Filiale (oddział) oder Vertretung (przedstawicielstwo) gründet, die ins entsprechende Register eingetragen wird.

1. Problem
Das Gesetz über die Leistungserbringung (Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie), das eine erleichterte Form der Leistungserbringung vorsieht, findet keine Anwendung auf medizinische Dienstleistungen im Sinne des gleichnamigen Gesetzes (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über die Erbringung von Dienstleistungen auf dem Gebiet der Republik Polen).
Hier geht es aber darum, dass der ausländische Leistungserbringer seine Tätigkeit nach wie vor nur im Ausland ausübt, die aber auch den polnischen Einwohner des Grenzgebietes zugute kommt. Damit schließen polnische Vorschriften die Möglichkeit der Kooperation mit den ausschließlich im Ausland ansässigen Erbringern von Gesundheitsleistungen grundsätzlich aus. Dies ist vor dem Hintergrund der Dienstleistungsfreiheit kritisch zu prüfen. Dies könnte ein Eingriff in die passive Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 und 56 AEUV) darstellen.


2. Ausschließlicher Zuständigkeitsbereich des Mitgliedstaates
Eigentlich bleibt das Sozialversicherungssystem und -Recht in ausschließlicher Zuständigkeit des Mitgliedstaates. Fraglich ist daher, ob Verschließen des inländischen Gesundheitsmarktes für ausländische Gesundheitsleistungserbringer nicht in der ausschließlichen Kompetenz der Mitgliedstaaten liegt.
Frage: steht der Umstand, dass es sich um ausschließliche Zuständigkeit handelt der Prüfung der Verletzung von DLF entgegen?


3. Eingriff in die DLF
Ein Eingriff in die DLF liegt vor, wenn der Schutzbereich der DLF eröffnet wird und durch die staatliche Regelung das Unternehmen die ihm gewährte DLF nicht in Anspruch nehmen darf.
a. Eröffnung des Schutzbereichs
Der ausländische Unternehmer ist aufgrund eines neutralen Kriteriums (Eintragung ins Register nach Art. 100 ff. des Gesetzes über medizinische Dienstleistungen) von der Möglichkeit ausgeschlossen, mit dem polnischen Versicherer (NFZ) Versorgungsvertrag abzuschließen. Dies könnte einen Eingriff in die passive DLF darstellen, da dadurch der Patient verhindert ist, sich in Ausland zu begeben um dort die Leistungen des ausländischen Leistungserbringers in Anspruch zu nehmen.


b. Eingriff in den Schutzbereich
Geschützt wird auch die Anbahnung und Abschluss des Vertrages über die Dienstleistung.
Problematisch ist aber, ob dies wirklich der Fall ist. Eigentlich kann auch jetzt der Patient ins Ausland fahren und dort die Leistungen in Anspruch nehmen sowie anschließend von seinem nationalen Versicherungsträger die Kostenerstattung fordern. Dies ergibt sich sowohl aus der Umsetzung des Patientenmobilitätsrichtlinie (2011/24/UE) und Art. 20 VO 883/2004. Vorausgesetzt wird hierfür die vorherige Zustimmung des Versicherungsträgers (unterschiedlich bei den ambulanten Leistungen). Diese ist eigentlich aus Resultat der EuGH Rechtsprechung (EuGH vom 28.4.1998 Slg I-1931 = Kohll; vom 28.4.1998 Slg. I-1831 = Decker; vom 12.7.2001 Slg 2001 I-5473 = Smits/Peerbooms; vom 13.5.2003 Slg I-4509 = Müller-Fauré/van Riet). Die Einschränkung der Patientenmobilität durch die vorherige Zustimmung für die Inanspruchnahme von Leistungen, wird durch den Planungsbedarf in Zusammenhang mit dem Ziel, einen ausreichenden, ständigen Zugang zu einem ausgewogenen Angebot hochwertiger Versorgung im betreffenden Mitgliedstaat sicherzustellen, oder in Zusammenhang mit dem Wunsch, die Kosten zu begrenzen und nach Möglichkeit jede Verschwendung finanzieller, technischer oder personeller Ressourcen zu vermeiden (Erwäg. 12) Patientenmobilitätsrichtlinie) gerechtfertigt.
Diese Rechtfertigung greift aber hier nicht ein. Im Vertrag können und sollen die Kosten der Behandlung festgelegt werden, sodass von Anfang an klar ist, welcher finanzieller Aufwand auf den nationalen Versicherungsträger zukommt. Auch im Bereich Planung wird von Anfang an festgelegt, mit welcher Zahl von Behandlungen zu rechnen ist und wie ggf. mit dem Überschüsse an Behandlungszahl zu verfahren ist.
Damit haben wir mit einer versteckter Diskriminierung zu tun.


c. Grenzüberschreitender Sachverhalt
Erheblich ist, ob die Dienstleistung selbst grenzüberschreitend erbracht wird (GHN/Randelzhofer/Forsthoff AEUV Art. 57 Rn. 49-51, beck-online). Hier will sich der Empfänger (Patient) zu dem Dienstleistungerbringer begeben, um dort die Leistungen auf Kosten des nationalen Versicherungsträgers. Die Dienstleistungsfreiheit berechtigt den Einzelnen auch gegenüber seinem Staat, wenn er oder der Geschäftspartner, mit dem er die Dienstleistung austauscht, durch seinen Staat daran gehindert wird, grenzüberschreitend eine Dienstleistung zu erbringen oder zu empfangen (GHN/Randelzhofer/Forsthoff AEUV Art. 57 Rn. 63, beck-online).

d. Entgeltliche Leistung
Zu bemerken ist, dass: "Entgelt kann auch von einem Dritten erbracht werden (z.B. von der Krankenkasse, dazu Krajewski, EuR 2010, 165, 169), sodass medizinische Leistungen als Dienstleistungen anzusehen sind, vgl. EuGH, 12.7.2001, Rs. C-157/99 – Smits und Peerbooms, Slg. 2001, I-5473, Rn. 54. (Stürner, http://www.konsument-info.eu/de/images/stories/Konferenz2010/stuerner.pdf)"

e. Ausschluss durch Sekundärrecht
Die medizinischen Dienstleistungen sind vom Anwendungsbereich der DL-Richtlinie ausgeschlossen. Dies könnte zwar nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 UA 2 AEUV den Ausschluss der Anwendbarkeit der DLF bewirken. Gleichwohl ist es weitgehend anerkannt, dass die nach Art. 16 DL-Richtlinie ausgeschlossen Bereiche (vgl. Art. 2, 17) nicht vom Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit nach AEUV ausgeschlossen sind.




E. Schlussfolgerungen
Aus der groben Prüfung folgt, dass in den deutsch-polnischen Verhältnissen keine Kompatibilität von Regelungen herrscht. Zwar können deutsche Krankenkassen direkt mit den polnischen Leistungserbringern kontrahieren. Dagegen dürfen ausländische Leistungserbringer mit dem polnischen nationalen Versicherungsträger - NFZ - keine vertraglichen Beziehungen eingehen.
Zur Zeit deutet viel darauf hin, dass das Erfordernis des inländischen Sitzes für den Leistungserbringer mit der Dienstleistungsfreiheit nicht vereinbar ist.

CategoryEVTZGesundheitsschutz
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