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Dies ist eine alte Version von GrenzüberschreitenderRettungsdienst erstellt von MarcinKrzymuski am 2016-07-19 11:19:12.

 

Grenzüberschreitender Rettungsdienst

Rechtsfragen des grenzüberschreitenden Einsatzes von Rettungsdiensten
Untersuchung bezogen auf die deutsch-polnische Grenze

A. Einführung

1. Bedarf für den grenzüberschreitenden Rettungsdienst
Warum ist der grenzüberschreitende Einsatz von Rettungsdienstkräften notwendig: sh. bei Trzos/Frank/Kawk, Medium, 10/2015 S. 21 ff..

2. Hindernisse für einen effektiven grenzüberschreitenden Rettungsdienst
Was hindert aber die grenzüberschreitende Kooperation in diesem Bereich? Dies sind vor allem Unterschiede im Aufbau des Rettungsdienstes (Zuständigkeit von Behörden, Ausbildung von Rettungssanitätern, Dokumentationsanforderungen) in beiden Ländern. Ferner ist die unterschiedliche Finanzierung (bzw. deren Mangel) Grund für fehlende Kooperation (Trzos/Frank/Kawk, Medium, 10/2015 S. 22).

3. Lösungsansätze
Diesen Hindernissen könnte durch folgende Maßnahmen abgeholfen werden:
  1. Angleichung Harmonisierung von Systemen: hier sind vor allem die Kompetenzen der EU zu prüfen, die zur Angleichung führen konnten.
  2. Einführung eines Adapter-Mechanisums: mittels Kooperationsvereinbarungen aufgrund des Rahmenabkommens von 2011.
  3. Schaffung von gemeinsamen Rettungsdiensten: gemeinsame Finanzierung, Ausbildung, Dokumentation und Systemaufbau.

B. Harmonisierung/Angleichung durch die EU
Was wurde bisher harmonisiert und auf welcher Rechtsgrundlage ("112", was noch? Bekleidung? Organisation des Rettungsdienstes? Rettungsfahrzeuge?).
Harmonisierung könnte sich daher auf den Aufbau des Systems im Allgemeinen beziehen bzw. auf bestimmte Elemente des Systems (Ausstattung und/oder Besatzung von Notfallfahrzeugen, Dokumentation, Verfahren (Einsatz Notarzt und Rettungssanitäter).
Zu prüfen ist daher, inwieweit tatsächlich eine Angleichung bzw. Harmonisierung der Systeme möglich ist. Diese könnten durch die EU veranlasst werden, soweit dieser entsprechende Kompetenzen in diesem Bereich zustehen.

1. Kompetenzen der EU im Bereich "Rettungsdienst"
Die direkte Zuständigkeit der EU für die Angleichung oder Harmonisierungsmaßnahmen im Bereich des Rettungsdienstes sind nicht ersichtlich. Sogar aus Art. 168 Abs. 7 AEUV folgt, dass die Mitgliedstaaten u.a. für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung zuständig sind. Insbesondere sind die Mitgliedstaaten für den Aufbau der Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel ausschließlich zuständig (Art. 168 Abs. 7 S. 2 AEUV).
Auf der anderen Seite die Einführung der einheitlichen Rufnummer "112" wurde durch die EU veranlasst (Universaldienstrichtlinie - RL 2002/22/EG).
Zu prüfen ist, ob aus anderen Normen eine indirekte Kompetenz für die Vereinheitlichung des System des Rettungsdienstes.

2. Rettungsdienst als Maßnahme zum Schutz der menschlichen Gesundheit (Art. 168 AEUV)
Nach Art. 6 S. 2 lit. a) AEUV ist die EU zuständig, im Bereich des Schutzes und der Verbesserung der menschlichen Gesundheit zuständig, Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten durchzuführen. Die kompetenzbegründenden Konkretisierung dieser allgemein Kompetenz erfolgt in Art. 168 Abs. 1 - 3 und 5 - 7 AEUV (Obwexer in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 2015, Art. 6 Rn. 13).
Die Querschnittsklausel nach Art. 168 Abs. 1 AEUV stellt nur einen Hinweis, dass bei der Ausübung anderer Kompetenzen die EU immer ein hohes Gesundheitsschutzniveau im Auge zu behalten hat. Es handelt sich daher um eine materiellrechtliche Vorgabe für die Ausübung aller unionalen Kompetenzen (Niggemeier in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 2015, Art. 168 Rn. 8). Als sog. Optimierungsgebot bedeutet die Klausel, dass "nach Maßgabe des Standes der technischen und wissenschaftlichen Entwicklung, unter Berücksichtigung des wirtschaftlich Zumutbaren und im Ausgleich mit den anderen von der Union jeweils verfolgten Zielen muss der größtmögliche Gesundheitsschutz normiert und verwirklicht werden" (Streinz/Lurger AEUV Art. 168 Rn. 24 - 33, beck-online). Daraus können die Angleichung bzw. Harmonisierungskompetenzen nicht abgeleitet werde (unabhängig davon, ob hiervon der Rettungsdienst erfasst wird, was an sich schon sehr problematisch ist).

3. Förderung der Zusammenarbeit in Grenzregionen (Art. 168 Abs. 2 AEUV)
In Art. 168 Abs. 2 S. 2 wurde der EU die Aufgabe der Förderung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit mit dem Ziel die Komplementarität der mitgliedstaatlichen Gesundheitsdienste in den Grenzgebieten zu verbessern. Die Komplementarität bedeutet aber auch nicht die Angleichung sondern die gegenseitige Ergänzung.
Zu prüfen ist, ob der Tatbestand (insb. "die Gesundheitsdienste") auch den Rettungsdienst erfasst.
Ferner ist zu prüfen welche Instrumente dies erfasst: Einziges legislatives Instrument zur Umsetzung dieser Befugnis sind – neben den unverbindlichen Empfehlungen – die Fördermaßnahmen nach Abs. 5 (Berg in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 2012, Art. 168 Rn. 18).

4. Rettungsdienst und Katastrophenschutz (Art. 196 AEUV)
Die EU hat im Bereich Katastrophenschutz (Art. 6 S. 2 lit. f) AEUV). Die zentrale Bestimmung zum europäischen Katastrophenschutz enthält Art. 196 AEUV (Walus, EuR 2010, 564 ff. (566-567)). Der Katastrophenschutz erfasst u.a. die Katastrophenvorsorge (Art. 196 Abs. 1 AEUV). Die Katastrophenvorsorge umfasst alle Vorbereitungen, die zur Bekämpfung einer kurz bevorstehenden oder bereits eingetretenen Katastrophe vorsorglich getroffen und organisiert werden müssen (Streinz/Bings AEUV Art. 196 Rn. 3, beck-online). Dies erfasst auch den Rettungsdienst.
Aber auch in diesem Bereich bleibt die Union auf Information, Koordination und Amtshilfe beschränkt (Groeben in: von der /Schwarze/Claus Dieter Classen AEUV Art. 196 Rn. 12, beck-online). Die allgemein verbindlichen Rechtsakte, darunter auch Richtlinien mit harmonisierendem Charakter, dürfen auf diese Norm nicht gestützt werden (Art. 196 Abs. 2 AEUV). Eine Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften ist auch über Art. 352 AEUV nicht möglich (Groeben in: von der /Schwarze/Claus Dieter Classen AEUV Art. 196 Rn. 12, beck-online). Die Kompetenz hiefür haben ausschließlich die Mitgliedstaaten.

5. Zwischenergebnis
Somit ist die EU nicht zu einer systemischen Harmonisierung des Rettungsdienstes in der EU zuständig. Eventuelle Harmonisierungsmaßnahmen dürfen nur in den Bereichen ergriffen werden, für die EU ausdrückliche Zuständig zugewiesen bekommen hat. Diese könne ggf. für das Rettungswesen eine Reflexwirkung entfalten.


C. Errichtung von intersystemischen Adapters
Soweit die EU nur beschränkt für die Harmonisierung von Rettungsdiensten zuständig ist (nur punktuelle Harmonisierung), bleibt zu fragen, wie die Mitgliedstaaten selbst die Kooperation von Rettungsdiensten unterstützen können. Hier kommt vor allem in Frage die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Nun ist zu prüfen, wie die nationalen Rechtsgrundlagen für eine grenzübergreifende Zusammenarbeit aussehen.

1. Deutschland
In Deutschland gehört der Rettungsdienst zum Kompetenzbereich der Länder.
In Saarland wird der grenzüberschreitende Rettungsdienst gesetzlich geregelt. Nach § 6a Abs. 1 S. 1 SRettG ist dies die Sache des Landes, die Vereinbarungen abzuschließen. Generelle Vorschrift von Art. 6a Abs. 2 SRettG erlaubt den Einsatz des bodengebundenen Rettungsmittel aus dem Ausland, soweit diese im Ausland zugelassen sind.
In Bayern ist wiederum § 8 BayRDG maßgeblich, der Zweckverbände für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung berechtigt, mit ausländischen Aufgabenträgern und Leistungserbringern öffentlich-rechtliche Verträge zur rettungsdienstlichen Versorgungsplanung und Versorgung abzuschließen (dazu mehr Zum Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Gesundheitswesen im bayerisch-tschechischen Teil der Euregio Egrensis, S. 32 ff.)
Inwieweit § 14 BW RDG sich auf die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern bezieht, ist noch nicht ganz klar.
In Brandenburg und Sachsen sind Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes die Landkreise und kreisfreien Städte(§ 4 Abs. 1 BbgRettG) bzw. Rettungszweckverbände (§ 3 Abs. 1 SächsRettDG). Die Gesetze enthalten keinerlei Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in diesem Bereich.

2. Polen
In Polen ist der Rettungsdienst zentralistisch organisiert. Die Träger des Rettungsdienstes sind daher der für den Gesundheitsschutz zuständige Minister sowie die Wojewoden (Art. 18 polRettDG). Der Wojewode ist für die Planung, Organisation, Koordination und Aufsicht über das System des Rettungsdienstes auf dem Gebiet der Wojewodschaft zuständig (Art. 19 Abs. 2 polRettDG). Der Minister übt die Aufsicht über das gesamte Rettungsdienstsystem aus (Art. 19 Abs. 1 polRettDG).
Es fehlt aber die Vorschrift zur grenzüberschreitenden Kooperation von Rettungsdiensten.
Andere Gesetze (ustawa o administracji rzadowej w wojewodztwie?)

3. Zwischenergebnis
Nur wenige Bundesländer sehen gesetzlich die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereicht des Rettungswesens. An der deutsch-polnischen Grenze schweigen von einer solchen Möglichkeit sowohl die Rettungsdienstgesetze der Länder als auch dasjenige Polens. Somit sind die Kompetenznormen für die Zusammenarbeit auf einer anderen Ebene, dh. im Völkerrecht, zu suchen.


D. Völkerrechtlicher Rechtsrahmen
Da die Mitgliedstaaten für den Bereich des Rettungsdienstes ausschließlich zuständig sind, dürfen sie auch entsprechende zwischenstaatliche Verträge abschließen. Von dieser Befugnis haben Deutschland und Polen auch Gebrauch gemacht.

1. Deutsch-polnisches Rahmenabkommen
In deutsch-polnischem Verhältnis gilt das Rahmenabkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst vom 22. Mai 2013 (BGBl.2013 Teil II Nr. 19, S. 998 und Dz.U. 2013 poz. 678).


2. Kooperationsabkommen
Danach besteht die Möglichkeit, dass die Träger des Rettungsdienstes (sh. oben) aus beiden Ländern direkte Kooperationsvereinbarungen zu den im Abkommen festgelegten Inhalten abschließen (Art. 4). Damit können im deutsch-polnischen Rettungswesen
Allerdings ist bis heute keine solche Kooperationsvereinbarung abgeschlossen worden.


E. Bedeutung des EVTZ für das grenzüberschreitende Rettungswesen
Der EVTZ ist ein unionales Kooperationsinstrument in dem Sinne, dass es von der EU mit der Verordnung 1082/2006 zur Verfügung gestellt worden ist. Der Rückgriff auf dieses Instrument ist jedoch freiwillig, sodass die potenziellen Mitglieder prüfen sollen, inwieweit dieses Mechanismus für ihre Zwecke nützlich sein kann. Zu beachten ist dabei, dass dem EVZU nur die Aufgaben ohne Regelungscharakter übertragen werden dürfen.

1. Allgemein zum EVTZ
Sh. EVTZAllgemein

2. Aufgaben des EVTZ im Rettungswesen
Die Träger der Rettungsdienste in Polen und in Deutschland sind Einrichtungen, die an einem EVTZ beteiligungsfähig sind (Art. 3 EVTZ-VO). Sie sind daher befugt, im Bereich der gemeinsamen Zuständigkeitsbereichen den EVTZ zu errichten und ihm bestimmte, nicht hoheitliche Aufgaben, zur Wahrnehmung zu übertragen. Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, welche Aufgaben dem Rettungsdienst-EVTZ übertragen werden könnten.

a. KFU-Aufgaben im grenzüberschreitenden Rettungswesen
Diese Aufgaben können vor allem in der Koordinierung, Förderung und Unterstützung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich des Rettungswesens bestehen. Darunter werden vor allem sog. "weiche Aufgaben" verstanden. Dazu gehören insbesondere die Organisation von gemeinsamen Übungen, Schulungen und sonstigen Treffen, die die Förderung der Effektivität des grenzüberschreitenden Rettungsdienstes zum Gegenstand haben. Ein mit solchen Aufgaben ausgestatteter EVTZ könnte auch ein Sprachrohr für die Fragen des grenzüberschreitenden Rettungswesens sein und die Interessen der Grenzregion gegenüber (zentral)nationalen und europäischen Behörden stärker vertreten. Als selbständige juristische Person könnte der Verbund auch die Mittel für die Wahrnehmung solcher Aufgaben einwerben und die Mitglieder von der aufwendigen Akquise und Abrechnung entlasten. Damit könnte der EVTZ bei der Erstellung von Rettungsdienstbereichsplänen (§ 8 Abs. 1 BbgRettG) und ihren polnischen Pendants (wojewódzki plan działania systemu nach Art. 21 polRettDG) mitwirken.
Der EVTZ könnte auch die Koordination der Planung des Rettungswesen im Grenzgebiet übernehmen. Damit könnte die Plattform zur gegenseitigen Abstimmung in Bezug auf die Niederlassung von Rettungsstellen eingerichtet werden.

b. EVTZ als Träger für Aufgaben nach dem Rahmenabkommen
Als weiterer Schritt und Zeichen für eine effektive und tatsächliche grenzüberschreitende Zusammenarbeit wäre, wenn einem EVTZ die Trägerschaft des gemeinsamen grenzüberschreitenden Rettungsdienstes übertragen werden könnte, indem er die in Art. 4 Abs. 3 des Rahmenabkommens bestimmten Aufgaben wahrnehmen würde. Insbesondere erscheint der EVTZ geeignet die in Nr. 8-11 genannten Aufgaben wahrzunehmen.
Der EVTZ könnte auch dien Inhalt der Kooperationsvereinbarung vorbereiten und den zuständigen Stellen zum Abschluss vorlegen.

c. Gemeinsame Kommission nach Rahmenabkommen als EVTZ
Nach Art. 10 Rahmenabkommens wird Gemeinsame Kommission gebildet. Sie begleitet die richtige Umsetzung des Abkommens sowie schlägt ggf. inhaltliche Änderungen vor. Diese Kommission könnte in Form eines EVTZ für das gesamte deutsch-polnische Grenzgebiet errichtet werden.

d. Grenzüberschreitende Leitstelle
Der EVTZ könnte auch Träger einer gemeinsamen integrierten Leitstelle (§ 9 Abs. 1 BbgRettG) und centrum powiadamiania ratunkowego (w rozum. ustawy z dnia 22 listopada 2013 r. o systemie powiadamiania ratunkowego (Dz. U. poz. 1635)) sein.



F. Finanzierung
Unterschiede im Aufbau und Kompetenzverteilung sind nicht die einzigen, die einen reibungslosen Rettungsdienst verhindern. Auch unterschiedliche Finanzierungsmodelle bewirken, dass die Kostendeckung des grenzüberschreitenden Einsatzes von Rettungskräften problematisch ist.

1. Einheitliche Versicherung für die Grenzregionen
Wie z.B. der Vorschlag für FRADECH

2. Errichtung einer Abrechnungszentrale
Die Abrechnungszentrale müsste die Daten verarbeiten und dem verbreiteten


G. Sonstige Fragestellungen
1. Anerkennung von Qualifikationen (Notarzt, Paramedics, Rettungsassisstente usw.)
2. Einheitliche Dokumente
3. Versicherung (Haftpflichtversicherung)

4. Rettungsdienst und Vergaberecht


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